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30.04.2020

Die Birke – nicht nur Maibaum


Die Birke – auf Baltrum nicht nur Maibaum

 

Der Name „Birke“ stammt aus dem Indogermanischen „bhereg“ = glänzend, leuchtend oder aus dem altindischen Wort „burgha-s“, was für einen für Baum steht, dessen weiße Rinde als Schreibmaterial genutzt wurde. Es sind buddhistische Aufzeichnungen auf Schriftrollen aus Birkenrinde aus dem 1. Jhd. nach Christus erhalten!

Die Birke gilt als Baum der Weisheit, der Liebe; Symbol des Frühlings und der Fruchtbarkeit (die Germanen widmeten die Birke Freya, der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit). Letzteres sicher, weil Birken rasch wachsen und im Frühling als eine der Ersten Laub entwickeln. Daraus entstand das Brauchtum „Maibaum“. Mit dem Maibaum wird das Frühlingserwachen in den Ort geholt.  

Die Birke ist ein Lichtbaum – sie mag nicht nur sonnige Standorte, sondern strahlt durch die weiße Rinde Helligkeit aus. Das gab in den langen nordischen Wintern Zuversicht. 

Die weiße Rinde entsteht durch das harzähnliche Betulin. Das ist nicht nur wasserabweisend (Regentropfen perlen ab), sondern schützt die Birke auch davor, angeknabbert zu werden. Die helle Farbe strahlt die Temperatur zurück - hätte die Birke in kalten Gegenden eine dunkle Rinde, würde das Holz überhitzen, reißen und das darunter liegende Zellteilungsgewebe geschädigt werden. Mit zunehmendem Alter wird die Rinde allerdings rissig, es erscheinen dunkle Falten. Wer kennt das nicht…

 

Birken gelten als „Baum des Schutzes“ und wurden als Straßenmarkierungen an unübersichtlichen Reisewegen gepflanzt, da sie durch ihre helle Rinde in der Dunkelheit gut erkennbar waren. 

 

Ich sah in bleicher Silberpracht

Der Birkenstämme prangen

Als wäre dran aus heller Nacht

Das Mondlicht blieben hangen

 

Nikolaus Lehnau 1802-1850

 

Auch Schifffahrtswege im Wattenmeer werden mit Birken (= Pricken) gekennzeichnet – Betula salina (gemeine Salzbirke).

 

Es gibt 40 verschiedene Birkenarten. Die Birke wächst schnell, wird bis zu 25 Meter hoch, im Süden „nur“ 50 bis 60 Jahre, im Norden maximal 180 Jahre alt. 

Manche Birkenarten können viel aushalten: Staunässe, Trockenheit, Wärme, Kälte – damit sind sie Pioniergehölz: Nach dem Rückzug der Gletscher gehörten sie zusammen mit Kieferngehölzen zu den Erstbesiedlern der frei werdenden Gebiete. Im Garten sind sie nicht so gut geeignet, weil sie flach wurzeln. Sie trocknen den Oberboden aus und hemmen damit das Wachstum von anderen Arten.

 

Bei uns auf Baltrum wächst die Moorbirke Betula pubescens: Nährstoffarmer, saurer und zusätzlich staunasser Boden bieten ihr den optimalen Standort. Eine Unterart der Moorbirke ist die Kapartenbirke, die manchmal als eigene Art genannt wird. 

 

 

Die Moorbirke hat ein flaches Wurzelsystem, um möglichst viel einsickerndes Regenwasser aufnehmen zu können. Sie erträgt aber auch Überstauung mit Wasser. Eine Birke pumpt im Frühling bis zu 70 Liter Wasser täglich von der Wurzel bis in die Blattspitzen; an heißen Sonnentagen schafft die Moorbirke bis zu 400 Liter. 

Da es ihr an manchem Nährstoff mangelt, gehen ihre Wurzeln eine Symbiose mit einem Mykorrhiza-Pilz ein. Der Pilz bekommt Zucker aus der Photosynthese der Birke, die Birke erhält im Gegenzug Nährstoffe, die der Pilz für sie aus dem Boden gelöst hat. 

 

Birken sind sehr frosthart, die Blätter erfrieren erst bei minus 6°C. Sinken die Temperaturen noch tiefer (bis minus 40°C), wird in den Zweigen Stärke in Öl umgewandelt, wobei Wärme frei wird und die Birke so vor Erfrierungen geschützt ist.

 

Fortpflanzung

 

Birken sind einhäusig, das heißt, männliche und weiblichen Blüten sind auf einem Baum. Die Blüten werden Kätzchen genannt: Die weiblichen stehen aufrecht, die männlichen hängen. 

 

 

Im Frühling produzieren die männlichen Kätzchen bis zu fünf Millionen Pollen – sehr zur Freude der Birkenpollen-Allergiker, deren Nasen den nahenden Frühling mit einem explodierenden Hatschi! begrüßen.

In den weiblichen Kätzchen reifen die Samen heran: Eine alte Moorbirke produziert bis zu vier Kilogramm Samen. Die Samen sind Nüsschen, nach Art der Segelflieger gebaut. Sie fliegen ohne Wind bis zu 1,6 Kilometer weit – mit Wind um ein Vielfaches dieser Entfernung (bis zu 2.000 Kilometer).

Die Moorbirke ist ein Lebensraum für eine Vielzahl von Organismen – in Russland konnten 795 verschiedene Arten (von Pilzen, über Insekten, Vögel bis hin zu Säugetieren) nachgewiesen werden.

 

 

Oft findet man in Astgabeln ein „Nest wilder Verzweigungen“. Früher glaubte man, dass dort die Hexen auf ihrem Weg zum Brocken in der Walpurgisnacht (vom 30.04. auf 01.05.) mit dem Besen hängen geblieben wären –> Hexenbesen. Heute weiß man, dass ein (Schlauch-)Pilz dieses unkontrollierte Wachstum hervorruft. 

 

 

Volksmedizin

 

Ein Tee aus Birkenblättern hat harntreibende Wirkung, was hilfreich bei Nieren- und Blasenerkrankungen ist. Außerdem ist dieser Tee blutreinigend – die harnsäuresenkende Wirkung hilft bei Rheuma und Gicht. 

Birkensaft hat im Frühling einen Traubenzuckeranteil von zwei Prozent. Daraus gewannen bereits die Germanen einen belebenden Birkentrunk. In baltischen Ländern und Russland wird der Birkensaft bis heute mit Honig versetzt und zu Birkenwein vergoren. Der Birkenwein galt als Stärkungsmittel für impotente Männer… 

 

Ein Extrakt aus den Blättern / der Rinde ist Bestandteil in Haarwuchsmitteln und soll gegen Schuppenbildung wirken. In der Kosmetik dient es zur Reinigung der Haut.

 

Man zapfet aus der Birke
sehr angenehmen Wein,
man reibt sich,
dass es wirke,
die Glatze damit ein.

 

Wilhelm Busch, 1832-1908,

vierte Strophe aus dem Gedicht „Die Birke“

 

 

Aus Birkenrinde wird Xylit gewonnen, Birkenzucker, der süßt und gleichzeitig die Zähne vor Karies schützt!

 

 

Weitere Verwendungsmöglichkeiten:

 

Birkenteer/-pech wurde bereits von den Neandertalern vor über 100.000 Jahren zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen verwendet, z.B. zum Verkitten der Feuersteinspitzen.

In Sibirien werden die guten antiseptischen Eigenschaften der Birkenrinde bis heute genutzt und daraus Vorratsbehälter gefertigt. Dies ist schon sehr lange bekannt – Ötzi, der Mann aus dem Eis (die Gletschermumie aus der Jungsteinzeit, ca. 5250 Jahre alt) hatte zwei Behälter aus Birkenrinde dabei! 

 

Da die Rinde wasserundurchlässig ist, wurde sie in Skandinavien als Unterlage für Gründächer und in Sibirien als Außenverkleidung für die traditionellen Wohnzelte der Rentierzüchter verwendet. In Lappland wurden aus Birkenwurzeln Decken geflochten. Die kanadischen Indianer kleideten ihre Wigwams innen mit Birkenrinde aus und bauten Kanus daraus.

 

Im Mittelalter wurden Birken „pädagogisch“ angewendet: Betula stammt vom Lateinischen batuare = schlagen ab… In abgewandelter Form wird das heute zur Wellness angewendet: Ein Birkenquast in der russischen und finnischen Sauna regt die Durchblutung der Haut durch Abschlagen an.

 

Bei uns sorgten Birkenreißigbündel im Deich- und Wasserbau für unsere Sicherheit.

Im zweiten Weltkrieg wurde aus Birkenholz leichte Flugzeugteile, z.B. Propeller, hergestellt – bekannt als „Fliegerbirke“.

 

Was dem Griechen sein Ölbaum, dem Deutschen die Eiche, ist dem Russen seine Birke. In Sibirien gilt die Birke als Weltenbaum – vermutlich durch ihre Symbiose mit dem Fliegenpilz, einer wichtigen Droge für die Schamanen, um in höhere Welten entrücken zu können. 

 

Um mit Christian Morgensterns (1871-1914) Worten zu schließen:

Wie mag in einem rechten Sturm ein Baum zum Gefühl seiner selbst kommen! Wie wunderbar ist eine Birke im Sturm! Wie göttlich, wie graziös! Wie unsagbar malerisch

 

– so werden auch wir die momentanen Böen durch die Corona-Prävention überstehen.

 

Das Nationalpark-Haus Team wünscht allen Baltrumerinnen, Baltrumern und „Ich-wäre-gerne-auf-Baltrumer*innen“ ein frühlingshaftes Maiwochenende!



Link -> Birkenwald Baltrum im Frühling 2020

 

 

 


Autor: Sabine Hinrichs
Fotos: Karen Kammer
Quelle: Karen Kammer, Nationalpark-Haus Baltrum
im Winter Birkenwald im Frühling Birkenwald im Sommer Birkenwäldchen Rauhreif...

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