Suche:
News

22.05.2020

Queller


Sie wurden gesichtet: Erste grüne Spitzen des keimenden Quellers

 

Der Queller wagt sich weit hinaus – er wächst an der Grenze zwischen Land und Meer, direkt an der Wattkante. Dort legt er den Grundstein für die Entwicklung der Salzwiese. Die ca. 20 Zentimeter hohen Pflanzen, die bis zu mehreren 100 Stück pro Quadratmeter stehen können, sorgen dafür, dass sich das Wasser beruhigt und sich das feine Bodenmaterial aus dem Flutstrom absetzen kann. Selbst im Winter, wenn die Pflanzen bereits abgestorben sind, erfüllen sie noch diesen Zweck. Man kann neben den kleinen, grünen Spitzen aus diesem Jahr noch die grauen, verholzten Stängel aus letztem Jahr erkennen.

 

 

 

 

Der Queller kann in mehrere Unterarten bestimmt werden, die allerdings schwer voneinander zu unterscheiden sind. Das verwirrt die Wissenschaftler: In den Niederlanden glaubt man sieben Queller-Arten unterscheiden zu können, in Deutschland vier, in Belgien drei – in Eurasien kommt man insgesamt auf elf Unterarten…

 

Wie schafft es der Queller, in einem solch unwirtlichen, salzüberfrachteten Gebiet zu überleben?

Er hat seine äußere Gestalt auf das Wichtigste reduziert und ähnelt einem Mini-Säulenkaktus: Seine Blätter sind zu winzigen Schuppen zurückgebildet, die Photosynthese übernimmt der chlorophyllhaltige Spross. Durch diese verkleinerte Oberfläche wird nicht mehr so viel Wasser durch die Pflanze verdunstet, was in eine salzigen, trockenen Lebensraum ein großer Vorteil ist.

 

 

 

 

Aber auch das Wasseraufnehmen ist durch das Salz im Boden erschwert. Einerseits braucht der Queller das Salz, um dem osmotischen Sog durch die Salzionen im Boden standhalten und überhaupt mit den Wurzeln Salzwasser aufnehmen zu können, andererseits ist zu viel Salz tödlich. Also muss der Salzgehalt im Pflanzenkörper auf erträgliches Maß verdünnt werden, Wasser wird eingelagert. Die Pflanze wird dick, d.h. sie „quillt“ auf (Name!). Das kennt man aus Wüsten, wo die Pflanzen Wasser einlagern, um einen Notvorrat zu haben (Sukkulenz).

 

 

 

 

Wie sieht die Blüte des Queller aus? Unauffällig. Die Blüten sind nur als winzige, gelbe Punkte zu erkennen. Die Pollen sind Schwimmpollen und werden zu den weiblichen Blütenteilen anderer Quellerpflanzen verdriftet. Die Samenkapseln brechen beim ersten Frost auf und geben bis zu 10.000 Samen pro Pflanze frei. Die Samen haben Borsten und bleiben größtenteils an der Mutterpflanze verhaftet, selbst wenn diese längst abgestorben ist. Dort keimen sie im Frühjahr aus – so wachsen sie in Reihe und werden durch verholzte, abgestorbene, eingeschlämmte Mutterpflanze an Ort und Stelle fixiert. Die Samen keimen übrigens am liebsten nach Regen, denn dann ist das Watt ausgesüßt. Sie bleiben bis zu 50 Jahre lang keimfähig, wenn sie nicht zuvor von unseren gefiederten Wintergästen (Berghänfling, Schneeammer, Ohrenlerche) verspeist werden.

 

 

 

 

Die ganze Anpassung hilft dem Queller, bis in den Herbst zu überleben. Dann stirbt er an Salzvergiftung. Beim Absterben wird zunächst das Chlorophyll abgebaut, die roten Farbstoffe (Carotinoide, Betacyane) darunter werden sichtbar, der absterbende Queller färbt die Salzwiese rot (eine weitere Pflanze, die Strandsode, unterstützt ihn dabei). Das erinnert den Beobachter an den „Indian Summer“ in Alaska – so haben wir hier im Weltnaturerbe die kleinere Version davon, unseren „Frisian Summer“.

 

 

 

 

Verwendung:

Als „Glasschmalz“ wurde der Queller bereits vor 1500 Jahren eingesetzt – die Quellerasche enthält viel Natrium, Kalium, Jod und Brom. Dies setzt den Schmelzpunkt von Glas herab. Deshalb siedelten sich ab dem 14. Jahrhundert Glasmanufakturen gezielt an der französischen Atlantikküste nieder, in nächster Nähe zum Queller.

Die alkalische, d.h. sodahaltige Asche wurde auch zu Waschzwecken verwendet (in Erinnerung an den Chemie-Unterricht: Fett + Alkalilauge = Seife); gerne in Seifensiedereien zur Herstellung von Seife verwendet.

Und schmecken tut er auch noch gut: Als „Ostfriesische Salzstange“ oder „Meeresspargel“ wird er frisch oder blanchiert angeboten. Bekannt ist er aus Notzeiten in gekochter Form oder als Salat.

 

Der salzige Geschmack des Quellers brachte die Schildbürger auf eine Idee: Wenn Zucker in Form von Rüben auf dem Feld wächst, warum nicht auch das Salz so gewinnen? Also streuten sie die Hälfte ihres Salzvorrates auf den Gemeindeacker und warteten auf grüne Spitzen. Die Schösslinge gediehen prächtig und überwucherten bald das ganze Feld. Jedoch verbrannten sich die Schildbürger bei der Ernte an ihren Händen und Füßen – die vermeintlichen Salzrüben entpuppten sich als Brennnesseln…

 

Einfacher ist es da doch, den Queller aus Kulturen zu beziehen. Rund 6,99 Euro kosten 200 Gramm.

 

Wir freuen uns sehr, dass die Gastronomie auf Baltrum Ihren Gaumen wieder verwöhnen darf und wünschen guten Appetit!

 

Ihr Nationalpark-Haus Team


 

 

 


Autor: Sabine Hinrichs
Fotos: Kammer
Quelle: Karen Kammer, Nationalpark-Haus Baltrum


Baltrum-Online.de ist ein werbefreies und unabhängiges Angebot. Wir berichten ehrenamtlich und frei über die Insel Baltrum und stehen in keinerlei Verbindung zur Gemeinde Baltrum.

Weitere News

16.11.2025

Volkstrauertag

Kirchengemeinde und politische Gemeinde gedenken gemeinsam der Gestorbenen ...

16.11.2025

Kein Kollateral(d)ef(f)ekt...

Nur die Kleine Freiheit wird abgegeben! Servicefirma Wach und Strandidyll bleiben!...

16.11.2025

KSV: Volleyball

Dienstagabends 18.30 bis 20 Uhr...

15.11.2025

Ratssitzung II.

Die Reederei Baltrum-Linie wird zum 1. April 2026 ihre Fahrpreise erhöhen. Dies teilte Bürgermeister...

15.11.2025

Vermehrtes Verkehrsaufkommen!

Ausbildung an Einsatzfahrzeugen der FFW Baltrum...

15.11.2025

Kleine Freiheit sucht Nachfolge

Neue/r Pächter/in könnte direkt starten – drei tolle Jahre mit Team Rebecca Wach...

14.11.2025

Sternenfunkeln im Wattenmeer

Darker Sky! Infoveranstaltung am 24. November 2025 in Neuharlingersiel...

14.11.2025

TenneT-Bauupdate

Letztes Bauupdate für dieses Jahr...

14.11.2025

SindBad verliert Wärme

Heizkessel defekt – voraussichtlich kein Betrieb über den Jahreswechsel...

14.11.2025

Möwen abwehren

Forscher empfehlen Blickkontakt   Möwen sind wahre Profidiebe – zumindest, wenn es ums Fress...

14.11.2025

Viele Seehunde

Medieninformation des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats: Viele Jungtiere...

13.11.2025

Bauleitplanung Zeltschuppen Ost

Musikkneipe, Treffpunkt für Einheimische und Gäste, Strandbebaung Ostabgang...

13.11.2025

Teetied bi Gode Tied

Erstes Wintertreffen nach einer langen Saison...

11.11.2025

Gans & Ente

Am 16.11.2025 im Seehund...

9.11.2025

Eule wieder gefunden

Das Schild zum Sonntag...

7.11.2025

Die große Kochaktion

Eigene Ernte aus Schulgarten...

7.11.2025

Bingo-Nachmittag

Am Mittwoch, 12.11.2025 um 15 Uhr im Café Tant Dora...

6.11.2025

Kultur zwischen den Jahren!

Inselbühne, ShantyChor und De Fleitjes...

5.11.2025

Nächste Ratssitzung am 13.11.25

Donnerstag, 13.11. um 20 Uhr im Rathaus...

5.11.2025

Media-Training in der Inselschule

Weißt du, wie gefährlich digitale Medien sein können? ...

5.11.2025

Offene Türchen im Advent 2025

Es sind noch Termine frei!...

4.11.2025

Champions League in der SchirmSeaBar

Champions League in der SchirmSeaBar Dienstag und Mittwoch...

4.11.2025

4 Inselwitz-Cartoons beim Dt. Karikaturenpreis

Baltrumer Cartoons schaffen es zur Ausstellung beim Deutschen Karikaturenpreis....

1.11.2025

Fußball-Total in der SchirmSeaBar

Nachmittags und am Abend: Bundesliga!...

31.10.2025

Noch ein Saisonausklang

De Fleitjes van Baltrum mit ihrem Jubiläumsprogramm 2.0...


Alle Artikel des Jahres

Inselrundgang

Archiv


Volltextsuche:

Alle News der letzten 25 Jahre im Archiv:

2025
2024
2023
2022
2021
2020
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001



8290 Artikel online verfügbar