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15.01.2022

Kunst: Steine


Bald 35 Jahre Skulptur "Steine" vor dem Baltrumer Rathaus

 

Eckhart Liss aus Springe war neulich zu Besuch auf Baltrum in der Seeterrasse bei Gesa Puls. Der Künstler und Bildhauer ist der Erschaffer der "Steine", die seit 1987 den Rasenplatz vor dem Rathaus schmücken. Die aus alten Buhnensansteinquadern geschaffene Skulptur ist nicht nur beliebtes Fotomotiv und Teil der Insel, sondern auch der Anstoß zu einer ganzen weiteren Reihe von Kunstwerken aller Art in der Verwendung des Materials aus den Baltrumer Küstenschutzbauwerken.

 

Die Wiedersehensfreude auf Baltrum war groß, und der heutige Leiter des "Hermannshofes" erinnerte sich gerne an die Anfangszeit seines Schaffens, das quasi auf Baltrum mit einem Stipendium einen Anlauf genommen hatte. "Steineklopper" wollte er allerdings dann doch nicht Zeit seines Lebens sein, und so nahm das künstlerische Schaffen und Wirken einen ganz anderen, weiten, Weg. Eckhart Liss ist heute Geschäftsführer und künstlerischer Leiter der Kunst- und Begegnungsstätte Hermannshof Völksen, 25 Kilometer südwestlich von Hannover. Dort wird Kultur der Gegenwart in einer einzigartigen Umgebung geschaffen und gelebt. Der weitläufige Park und das Haus im Park sind Spielfeld und Laboratorium für Künstlerinnen und Künstler, steht auf der Homepage des Hermannshofes. Eckhard Liss ist eigentlich ein künstlerisches Multitalent und Tausendsassa, wenn es um die Geschicke der Begegnungsstätte und das Überleben von Kunst im Hier und Jetzt geht.

 

Der Gemeinderat der Insel Baltrum – Wilhelm Klünder war Bürgermeister, Ewald Westdörp der Kurdirektor – hatte für die Nachsaison 1987 den gebürtigen Hannoveraner und Stein­bildhauer aus Berlin eingeladen, alte Buhnensteine bildhauerisch zu bearbeiten und diese auf der Insel aufzustellen. "Man fährt wahrlich nicht nach Baltrum, um Steine anzusehen," meinte Eckhart Liss damals, aber er hatte die ausrangierten Quader aus Buntsandstein aus den alten und immer wieder erneuerten Buhnen bereits bei einem vorigen Besuch auf der Insel als kostbares Rohmaterial für mögliche Kunstobjekte für sich entdeckt. Da war er noch Student. 

 

Die Baltrumer Lehrerin und Publizistin Helga Ribani schrieb damals in der Inselglocke:

"Baltrumer Gäste, die das ru­hige Herbstwetter Ende Sep­tember/Anfang Oktober er­wischten, konnten ihn bei der Arbeit sehen: Eckhart Liss, knapp 30 Jahre alter Steinbild­hauer, und seine Plastik, die Mitte Oktober fertig wurde. Am windigen Nordwesteck des Schirrhofs (Außenstelle des Bauamts für Küstenschutz) stand er und ließ Hammer und Meißel klingen, dass die Stein­splitter nur so flogen. Neugieri­gen und kunstinteressierten Zuschauern erklärte er immer wieder sein Vorhaben und wie es dazu gekommen war: 

Die 100 Jahre alten Sandsteinquader, die bei der Buhnenerneuerung aus dem Wasser gehoben wurden, bedeckt mit einer „Patina" aus Seepocken, zerklüftet durch die Jahr um Jahr nagende Nordsee, hatten es dem Künstler angetan. Sein Lehrer war Makoto Fujiwara, ein Meister der japanischen Steintradition, heute Professor an der Werkkunstschule Hannover, damals Gastdozent an der Berliner Hochschule der Künste. ,,Makoto hat mich gelehrt, Steine zu sehen", bekennt Liss dankbar. So wählte der junge Künstler vier Quader aus. Bearbeitet wurden diese tonnenschweren Brocken nur da, wo sie ineinanderpassen mussten, sonst blieben sie naturbelassen. Das Einpassen, so dass ein Stein den anderen hält, auch wenn sie zu stürzen scheinen, war die Aufgabe, die sich Liss gestellt hatte: ,,Es ist das Spiel mit den bildnerischen Mitteln, die Auseinandersetzung mit dem Material Stein, die handwerkliche Herausforderung, in einer bestimmten Zeit fertig zu sein, die mich reizten." Diese Arbeit ist geschafft, wie Insulaner und Gäste ab Mitte Oktober sehen konnten. Vor dem Rathaus stehen sie nun, die gewichtigen Brocken, die der Künstler ineinandergefügt hat. Als technische Hilfe gab es zuerst einen kleinen Flaschenzug, für das Umwenden der Teile allerdings war schon die Hilfe von Bauun­ternehmer Reno Harms nötig, der seinen Radlader zur Verfü­gung stellte. Der Transport vom Schirrhof zum Rathaus geschah nach alter Baltrumer Sitte: per Pferdefuhrwerk. ,,Was soll das denn nun darstellen?" wurde der Künstler gefragt, und so fragt wohl noch mancher Gast. Mehr oder weniger witzige ,,Deutungen" werden dann an­geboten. Doch Plastiken müs­sen ja nicht unbedingt etwas darstellen. Wohl kann der Betrachter ins Nachdenken kom­men angesichts der mächtigen Quader, die ein Jahrhundert lang die Insel geschützt haben. Sie können durchaus als Zei­chen dafür gedeutet werden, dass der Mensch die Naturge­walten zu bändigen versucht, nun in das Blickfeld der Baltrumer gerückt. Doch allzu viel will Liss selbst gar nicht in das Werk geheimnisst wissen. Es wirkt als Ganzes, harmonisch fügt es sich ein in das sanft ge­schwungene Gelände mit der Rathaussilhouette im Hinter­grund. Drei Jahre wird es dort stehen, damit sich Einheimi­sche und Gäste mit dem Kunst­werk anfreunden können und dann entscheiden, ob die Ge­meinde es erwerben soll oder ob ein nächster Künstler eingeladen wird, etwas Passendes zu gestalten. Nach drei Jahren ist auch klar, was jetzt noch eine große Unbekannte ist: Wie ver­halten sich die Steine in Frost und Hitze, wenn kein Salzwas­ser sie mehr umspült, nachdem sie, wenngleich maßvoll, in eine vom Künstler gewollte neue Form gebracht wurden? Zwar hatte ein Diplomingenieur sie begutachtet, doch die Witte­rungseinflüsse bleiben zu­nächst unberechenbar." (Weihnachtsinselglocke 1987, S. 9)

 

Es hat sich bewährt, das Kunstwerk und das Material (nicht mehr benötigte Buntsandsteinquader aus den alten Buhnen, Mitte 19. Jhdt.), wie wir heute wissen und wie man sieht, und es gab Inspiration für eine ganze Reihe von weiteren Objekten – mal naturbelassen, mal behauen. Dank der jeweiligen Leiter und Mitarbeiter des STAIKs (Staatliches Amt für Insel- und Küstenschutz), NLWKs oder jetzt NLWKNs (Niedersächsisches Landesamt für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) und meist mit Hilfe großzügiger Sponsoren konnte einiges Schönes und Bedeutendes auf der ansonsten recht kargen Insel entstehen – "baltrum-typische" Kunst: als Säule für eine handgeschmiedete Sonnenuhr (Oase im Ostdorf, 1988), als zart behauene Steineule im Osteingang des Kiefernwäldchens von Wilhelm Meyer aus Porta Westfalica (1998), die Umfassung der Rathausecke vor dem neu gestalteten Dorfplatz (2001), als Sockel für Schautafeln und Modellfundamente auf dem Gezeitenpfad (2006) inkl. Ergänzung des Denkmals "Katholisch Heim" in den Dünen (2009), als Umfassung des zentralen Rosenbeetes im Baltrumer Rosengarten (2007), und als Krönung das Relief in der neuen Strandmauer von Steinmetz und Bildhauer Bernd Clemenz-Weber aus Aurich (2013) und nicht zuletzt dessen wundervolle Skulptur "Tjark Evers" bei der Alten Kiteschule bzw. neben dem Kinderspielhaus (2015). Jüngst kamen noch zwei Stelen für Plaketten beim neuen Dünengrab oder für nicht-insulare Seebestattete auf dem Inselfriedhof aus diesen alten Sandsteinquadern als Objekte hinzu (2021).

 

Eckhart Liss freut sich, dass seine "Steine" noch stehen. Eine neue Plakette könnte mal her mit aktuellen Daten und richtiger Schreibweise, wünscht er sich und will sich alsbald mit dem Rathaus in Verbindung setzen.


 

 

 


Autor: Sabine Hinrichs
Fotos: Sabine Hinrichs

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