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Mega-Probleme bei Mini-Fähren
„Alle Seeleute sagen: Watt’n Quatsch!“
Mini-Fähren müssen jetzt mit zwei Mann Besatzung fahren – Juister Reeder
Jörg Schmidt lässt sich nicht beirren und kämpft gegen neue Anordnung
Von Manfred Reuter, Norderneyer Zeitung
Juist/Norderney/Baltrum – Unruhe im Versorgungsverkehr zu den Inseln. Aktuell nämlich gibt es Probleme für alle Betreiber sogenannter Mini-Fähren, denn aufgrund neuer Bestimmungen muss ein solches Schiff seit dem 1. November mit zwei Besatzungsmitgliedern gefahren werden.
Vergangene Woche hat das Verwaltungsgericht in Hamburg einen Eilantrag des Betreibers des Töwerland Express, Jörg Schmidt (54), abgewiesen. Während dieser die Juist-Töwis (jetzt allerdings und gezwungenermaßen mit erhöhtem Personalaufwand) weiterfahren lässt, musste er den Fährbetrieb zur Insel Baltrum vorerst stoppen. Inzwischen hat er vor dem Oberverwaltungsgericht Widerspruch eingelegt.
Hintergrund ist die neue Vorgabe der Berufsgenossenschaft beziehungsweise des Berliner Wirtschaftsministeriums, wonach bei Mini-Fähren wie dem Töwerland Express zwei Mann Besatzung an Bord sein müssen. Vor einigen Wochen bereits hatte Schmidt alle Inhaber von Sportbootführerscheinen SEE gebeten, sich bei ihm zu melden. Es hätten auch in der Tat viele potenzielle Kandidaten den Hut in den Ring geworfen, die meisten aber könnten nicht in Vollzeit zur Verfügung stehen, meldete zunächst Baltrum Online.
Die Norderneyer Zeitung sprach mit Jörg Schmidt jetzt ausführlich über die Situation. Dabei machte der Juister Gastronom und Eigentümer der Töwerland-Mini-Flotte aus seinem Herzen keine Mördergrube.
NoZ: Die Tatsache, dass die Töwis nun mit zwei Besatzungsmitgliedern unterwegs sein müssen, stellt Sie vor Probleme. Woraus resultiert diese Regulierung und was soll sie bezwecken?
Schmidt: Es gab vor einiger Zeit einen Unfall mit einem Vermessungsboot bei Hamburg. Das Schiff wäre fast gesunken. Daraufhin hieß es im Unfallbericht, ein Schiffsbootführer müsse ein höheres Patent haben. Nun gibt es auch hier Druck vom Land. Sie haben uns jetzt zusätzlich zum Kapitän einen Decksmann reingehauen. Und von denen gibt es in ganz Deutschland zurzeit nur zehn Arbeitsuchende. Die Berufsgenossenschaft sagt, dass es so sein soll, entschieden wird im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das auch zuständig für Seehäfen, Reedereien und Schifffahrt ist. Jedenfalls haben wir jede Menge Argumente gegen diese neue Regelung.
NoZ: Und jetzt explodieren die Kosten beim Töwerland Express?
Schmidt: Das kann man wohl sagen. Wir haben sechs festangestellte Kapitäne und einige Aushilfen. Dazu kommen jetzt mindestens sechs festangestellte Decksleute, das kostet rund 200.000 Euro mehr im Jahr. Wir haben vergangenes Jahr insgesamt 40.000 Gäste transportiert, davon allein 7000 zwischen Neßmersiel und Baltrum. Das ist eine Mega-Entwicklung.
NoZ: Und nun mussten Sie die Linie nach Baltrum zum 1. November einstellen?
Schmidt: So ist es. Und jetzt ist dort der Teufel los. Da ist praktisch eine Welt zusammengebrochen. Allein die Handwerker und die anderen Berufspendler stehen im Regen. Die sind jetzt nicht mehr flexibel. Aber wir wehren uns dagegen.
NoZ: Aber Sie planen ja auch, Ihre Flotte zu erweitern.
Schmidt: Stimmt. Wir haben den Bau zweier Katamarane in Auftrag gegeben. Vielleicht wird der erste im Dezember fertig, sodass wir ihn schon im Februar einsetzen können. Die beiden neuen Schiffe werden dann die Linie Norddeich-Juist und Neßmersiel-Baltrum bedienen. 50 Personen können da jeweils mit. Das ist ein 1,6 Millionen-Euro-Invest. Wenn man mich angreift, dann wehre ich mich.
NoZ: Hat es in der Vergangenheit Probleme bei den Töwis gegeben, sodass auch dies die Ursache für die Entscheidung der Berufsgenossenschaft gewesen wäre?
Schmidt: Nein! Wir fahren 120.000 Kilometer im Jahr, und das seit dreieinhalb Jahren. Zusammen mit den Mitbewerbern haben wir bislang rund 750.000 Kilometer zurückgelegt. Wir haben unsere Standards zudem viel höher angesetzt, als wir es mussten – und das alles in Abstimmung mit der Berufsgenossenschaft. Überhaupt: Technisch können wir alles lösen. Und wenn man dann sieht, dass auf der Elbe Schiffe mit einem Kapitän ohne Decksmann fahren dürfen und 100 Leute an Bord haben…
NoZ: Für wie realistisch halten Sie die Erfolgsaussichten, vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit dem Widerspruch gegen die Entscheidung durchzukommen?
Schmidt: Ich glaube, die Erfolgsaussichten sind sehr hoch. Ich bin da jedenfalls optimistisch.
NoZ: Woran hakt es grundsätzlich beim Fährverkehr zwischen den Inseln?
Schmidt: Norderney ist sehr gut angebunden. Juist hingegen wegen des Fahrwassers sehr eingeschränkt. Den Handwerkern, die nach Juist und Baltrum wollen, haben wir mit den Töwis ein Tor aufgemacht. Flexibilität ist schließlich das, was die Leute zu schätzen wissen. Diese bekommen sie bei uns. Und wenn alle Stricke reißen, dann fahre ich auch mal um 2 Uhr nachts los. Ein älteres Ehepaar hat mir beispielsweise gesagt, dass es wegen regelmäßiger Arztbesuche nur deshalb auf Juist leben könne, weil es die Töwis gibt.
NoZ: Was halten Sie davon, dass sich mit „Meine Fähre“ eine neue Reederei zwischen Norddeich und Juist etablieren möchte?
Schmidt: Ich bin in die Pläne seit zwei Jahren eingebunden. Aber das ist für mich eine Nummer zu groß. Die neue Reederei bietet nicht nur Platz für Personen, sondern auch für Fracht. Ich sage aber: Ein kleiner Konkurrenzkampf ist immer gut – und zwar profitiert am Ende davon der Gast. Denn jeder Anbieter schaut genauer auf die Preise, alle Reedereien müssen jetzt mit spitzem Bleistift rechnen. Als Monopolist ist das anders.
NoZ: Sehen Sie in der Neugründung – wie die zehn Gesellschafter auf Norderney - eine Notwendigkeit?
Schmidt: Ich sage nochmal: Konkurrenz belebt das Geschäft. Das ist überall so, ob das beim Bäcker ist, beim Autohandel oder beim Friseur.
NoZ: Können Sie sich eine enge und dauerhafte Kooperation mit der neuen Reederei vorstellen? Oder auch mit der Frisia?
Schmidt: Grundsätzlich machen die einen anderen Schnack als wir. Es gibt praktisch keine großen Schnittmengen. Wir transportieren ausschließlich Personen. Im Übrigen: Wir kooperieren ja schon in Sachen Ticket-Verkauf gegen Gebühr mit der Frisia. Das ist nicht wenig. Auch wir Gastronomen auf Juist kooperieren, wir helfen uns gegenseitig. Und trotzdem werden alle satt. Am Ende zählt: Wenn der Gast glücklich ist, dann ist das gut fürs Geschäft. Also müssen wir ihn verwöhnen.
NoZ: Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Fährlinie? Welche Visionen gibt es?
Schmidt: Zunächst konzentrieren wir uns mal auf die 50-Personen-Schiffe. Das heißt: Eine Fahrt nach Juist dauert 45 Minuten. Außerdem bleiben die Töwis. Was die Sache mit der Zwei-Personen-Besatzung angeht, da möchte ich eigentlich nur eine Verlängerung für die alte Regulierung, bis die Katamarane kommen. Mitten im Spiel die Spielregeln zu ändern, ist nämlich nicht statthaft. Ich muss den Winter überbrücken. Alle Seeleute sagen: Watt’n Quatsch! Wegen der Einstellung der Baltrum-Schiffe fallen 250.000 Euro Umsatz weg. Das wäre ganz und gar nicht nötig.
Mit Jörg Schmidt sprach Manfred Reuter
Autor: Sabine Hinrichs
Foto: Sabine Hinrichs
Quelle: Manfred Reuter, Norderneyer Zeitung
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