01.04.2021

Baltrumer Dünensingen

Baltrumer Dünensingen

Neuer Inselkrimi von Ulrike Barow

 

Siebzigerjahre-Fest! Siebenundsiebziger-Fete!

Und das eine ganze Woche lang, mit Tanztee, Modenschau, Miss-Baltrum-Wahl, Je-Ka-Mi-Abend, Gitarrengruppe, Strandburgenwettbewerb, Kinderfest, Sackhüpfen, Volleyballturnier, Lampionumzug & Feuerwehrmusikzug, Elvis-Abend, Disco, Gedichte von Herrn Fichte, (der zum Zwecke einer Kur auf die Insel Baltrum fuhr, von Christel Sauerborn) und natürlich Strand- und Dünensingen! Letzteres hat sich ja tatsächlich bis in die heutige Zeit gerettet, und zudem den Titel für Ulrike Barows neuen Inselkrimi geliefert, der im März erschienen ist: "Baltrumer Dünensingen".

 

Das Konzept für die Retrowoche könnte sie so an die Marketingabteilung der Kurverwaltung weiterreichen, es eins zu eins umzusetzen. Die Butenbaltrumerin und Leeraner Autorin Ulrike Barow beweist einmal mehr tiefste Einblicke in die Geschichte, die Geschicke und das Wesen der Insel. Nostalgische Erinnerungen an Inselkeller, Kajüte, Kiek Rin, Käpt'n Brass werden wach, das Wellenbad... ach ja, was könnte es alles schön sein, wären da nicht, nun ja, ein Mord und das seltsame Benehmen von vermutlichen und tatsächlichen Tätern.

Ulrike Barow untermalt ihre Geschichte geschickt mit Ohrwürmern aus den Siebzigern, die von der ersten Seite an mitschwingen. Allein die Erwähnung reicht ja mitunter, dass man sie nicht wieder los wird. Weshalb deren Aufzählung an dieser Stelle lieber ausgelassen bleibt...

Sigmar Benedikt war Strandfotograf auf Baltrum in jener berühmt-berüchtigten, wilden Zeit, als es auf der Insel dem Vernehmen nach hoch hergegangen sein muss. Dies weiß die Autorin aus eigener Erfahrung, dies versichern Hunderte von Stammgäste ein ums andere Mal, und davon schwärmen Heerscharen von ehemaligen Inselangestellten, die es immer mal wieder zur Insel zieht. Wie auch Sigmar Benedikt, der mit seinem Ehepartner Ulf Martens extra zur "Woche 77" nach Baltrum reist.
Einen Tag nach ihrer Ankunft wird der Künstler Peter Wurzellage tot in einer Galerie (!) aufgefunden, den sie aus ihrer Heimatstadt Brake kennen. Da sie am Tatort sind, werden irgendwie beide schnell des Mordes verdächtigt. Die Spusi (Martin Brinkmann und Lars Haltegrund aus Aurich, die kennen wir schon aus den vorigen Inselkrimis) kommt quasi auf dem Heimweg mit dem Hubi abstechend von Norderney zur Hilfe und nimmt die ersten Spuren auf, nachdem Inselärztin Ellen Neubert den mysteriösen Tod offiziell festgestellt hat. Inselpolizist Michael Röder und der neue Hilfssheriff Daniel Gebert haben also wieder alle Hände voll zu tun, denn ein Mord auf der Insel ist ja nicht alltäglich (wenn man die inzwischen auf mindestens zwei Dutzend angesammelten literarischen Opfer der Autorin einmal außen vorlässt). Die bewährte Verstärkung von Land, Arndt Kleemann (der mit dem Bio-Hof), lässt nicht lange auf sich warten. Eine neue Kollegin, Rebecca Carle, bringt später Schwung und weibliche Kompetenz ins Spiel.
Die Suche nach dem Mörder gerät vor dem Hintergrund des laufenden Festes zu einem Hürdenlauf zwischen Erinnerung und wahrem Leben im Hier und Jetzt, bei dem die Stolpersteine wie immer die menschlichen Abgründe sind. Es ist wohltuend zu lesen, dass die Ermittelnden zum Glück allesamt maximal nette und nur kleine Macken haben. 

Ein Happy End gibts beim "Dünensingen" nicht so richtig, aber das erwartet man bei dem mörderischen Geschehen, an dem auch die Inselbewohner wieder einen großen Anteil haben, eigentlich auch nicht. Dafür gibt es en passant allerlei Spannendes, Altes wie Neues, von der Insel zu erfahren, viel Spannendes, viel Vergnügliches! Und der geneigte Leser oder die geneigte Leserin darf dann raten, was wahr ist, und was der Phantasie von Ulrike Barow entspringt.

 

 

 

Lesungstermine auf Baltrum in 2021 sind theoretisch vorgesehen für den
 15. Mai, 30. Juli, 13. August, 26. August, 9. September und 15. Oktober, immer im Strandhotel Wietjes um 20 Uhr
 – alles unter Vorbehalt. Die späteren Termine haben (hoffentlich) höhere Chancen auf Verwirklichung.

 

Baltrumer Dünensingen ist im Gmeiner-Verlag in Meßkirch erschienen:

ISBN 978-3-8392-2794-7 – und kostet 12 Euro.

 

 

 

Autor: Sabine Hinrichs
Fotos: Gmeiner-Verlag